Im Fokus: Volkstrauertag

Fakten

Der Volkstrauertag ist in Deutschland ein staatlicher Gedenktag und wird seit 1952 am vorletzten Sonntag vor dem 1. Advent begangen. Eingeführt vor fast 100 Jahren in der Weimarer Republik zum Gedenken an die deutschen Gefallenen im 1. Weltkrieg, später Heldengedenktag im nationalsozialistischen Deutschland wurde er in der DDR genutzt, um an die Opfer des Faschismus zu erinnern. In der Bundesrepublik wurde lediglich der Termin verbindlich festgelegt, die Inhalte dieses Tages blieben zeitlichen Veränderungen und lokalen Geschmäckern unterworfen. Man gedenkt inzwischen nicht nur der gefallenen Soldaten, sondern ganz allgemein auch der Opfer von Krieg, Gewaltherrschaft und Terror, wobei auch immer mehr die Notwendigkeit des Erhalts des Friedens in den Vordergrund rückt.

In Möggingen steht am Rande des Dorfplatzes ein Gedenkstein, der 1927 errichtet wurde und auf dem die Namen der Mögginger vermerkt sind, die im 1. Weltkrieg „den Heldentod starben“ (eine Vorwegnahme der ein paar Jahre später folgenden nationalsozialistischen Interpretation dieses Tages). Auf einer später angebrachten Tafel am Fuße des Mahnmals wird an die vermissten und gefallenen Soldaten des 2. Weltkrieges erinnert. Daneben wurde in jüngerer Zeit ein Friedenspfahl aufgestellt mit der Aufschrift „Möge Frieden auf Erden sein“ in mehreren Sprachen.

Zu der diesjährigen Gedenkfeier mit Kranzniederlegung kamen 17 Personen, von denen ein Teil in „offizieller Mission“ als Mitglied des Ortschaftsrats anwesend war. In den Nachbardörfern Liggeringen und Güttingen fanden aufwändiger gestaltete Feiern mit musikalischer Umrahmung statt, die offensichtlich gut besucht waren.


Rede des Mögginger Ortsvorstehers Marc Rehm am 17.11.2024 anlässlich des Volkstrauertags

 
Guten Morgen und herzlich Willkommen bei unserem offiziellen Akt zum Volkstrauertag. 
 
So, wie wir, versammeln sich heute in ganz Deutschland die Menschen an den Kriegerdenkmälern, um der für ihr Vaterland gefallenen Soldaten der beiden Weltkriege zu gedenken. Einige Stimmen sind für die Abschaffung dieser Gedenkfeiern, weil die Soldaten zumindest in einem der beiden Weltkriege für die falsche Sache gekämpft haben. Diese Wahl hat aber ein Soldat nicht. Wie auch ich haben sie einen Eid geleistet. Ich habe gelobt „der Bundesrepublik Deutschland treu zu dienen und das Recht und die Freiheit des deutschen Volkes tapfer zu verteidigen“.

Da gibt es keine offene Diskussionsrunde "sollen wir oder nicht". Da gilt das eiserne Gesetz: Befehl und Gehorsam. Diese Männer sind in dem Glauben gefallen, das Richtige für ihre Familien und ihr Land zu tun. Für mich ist dieser Moment aber auch dafür da, um an die zivilen Opfer zu denken, deren Zahlen oft höher sind als die der Soldaten. Wir erinnern an die Frauen und Kinder, die ohne Ehemann und Vater weiterleben und das Land wiederaufbauen mussten. 
Der Krieg hat viele schreckliche Gesichter und das Thema ist aktueller denn je. Bis zum Einmarsch der russischen Truppen in der Ukraine habe ich einen Krieg in Europa für unmöglich gehalten, und doch ist es geschehen. Genauso präsent ist der Konflikt in Nahost. Das sind nur zwei Beispiele - auf der ganzen Welt werden Kriege geführt und sterben in der Folge Menschen. Der Krieg ist allgegenwärtig.

Ich werde nun im Gedenken und zu Ehren der gefallenen Soldaten „Ich hatt' einen Kameraden“ abspielen". Ich danke für Ihr Kommen und wünsche Ihnen allen einen schönen Sonntag.


Stimmen aus dem Volk


„Ich befasse mich ungern mit dem Thema Tod.“
„Keine Lust auf Trauerfloskeln!“
„Solche Veranstaltungen stärken den Gemeinsinn.“
„Da wird viel erzählt, aber wirklich helfen gegen den Krieg tut es nicht!“
„Es sind sinnlose Pflichtübungen."


Meinungen

In der alten Bundesrepublik gab es einmal einen Feiertag, den 17. Juni oder „Tag der deutschen Einheit“ zum Gedenken an den „Volksaufstand“ 1953 in der DDR . Er sollte die Erinnerung an ein vereinigtes Deutschland und den Gedanken an eine Überwindung der Trennung in zwei deutsche Staaten wachhalten. Dieser Feiertag wurde nach der „Wiedervereinigung“ 1990 durch den 3. Oktober ersetzt. In der Bevölkerung wurde der 17. Juni als freier Tag in der schönen Jahreszeit geschätzt, die jährlichen wortreichen Gedenkfeiern wurden entweder ignoriert oder als phrasenerfüllte Veranstaltungen empfunden. Ähnliches scheint am Volkstrauertag zu geschehen, wobei noch der Vorteil eines zusätzlichen freien Tages entfällt, da der Volkstrauertag immer auf einem Sonntag liegt: Das Volk hat anscheinend keine Lust zu gedenken und möchte sich auch keine tiefschürfenden Gedanken zum Thema Krieg und Frieden machen.

Sollte man deshalb in Möggingen einfach auf eine Gedenkfeier am Volkstrauertag verzichten? Zumal man hier keinen Musikverein hat, der sich für einen feierlichen musikalischen Rahmen anbietet. Die Frage ist, ob man als politischer Akteur - sei es auf Bundesebene oder als „kleiner“ Mögginger Ortsvorsteher oder Ortschaftsrat - immer den Stimmungen des Volkes nachgeben soll oder nicht als gewählter Repräsentant eine Verpflichtung hat. Eine Verpflichtung, Zeichen zu setzen und das Volk daran zu erinnern, dass es Zeiten gibt, an denen es weniger um persönliche Bequemlichkeiten als um die gemeinsame Bewältigung einer existentiellen Bedrohung geht. Zwischen 2021 und 2023 wurde in Möggingen vor allem vom damaligen Ortsvorsteher Ralf Mayer der Versuch unternommen, den Volkstrauertag attraktiver zu gestalten, was zu etwas höheren Besucherzahlen führte, aber auch nicht immer von allen Einwohnern als gelungen empfunden wurde. 

Mein Fazit: Der Ortschaftsrat sollte sich frühzeitig Gedanken um eine sinnvolle Ausgestaltung dieses Tages machen. Und wenn man zu keinem befriedigenden Vorschlag kommt, sollte man das akzeptieren und keine Gedenkfeier abhalten. Die bequemste Variante – eine jährliche Pflichtübung mit der unvermeidlichen Kranzniederlegung – ist für mich die schlechteste Lösung.

Jürgen Karrer


Man könnte den Eindruck gewinnen, dass es ausschließlich eine Aufgabe des Ortschaftsrats und der Ortsverwaltung sei, den Takt für die Gedenkveranstaltung „Volkstrauertag“ vorzugeben. Das sehe ich seit Jahren anders, denn es ist die gemeinsame Aufgabe aller mündigen Bürgerinnen und Bürger sowie gesellschaftlichen Kräfte, diesen wichtigen Teil unseres Zusammenlebens in Sachen Tradition, Kultur, Erinnerungskultur, Ethik, … gemeinsam zu gestalten und zu erhalten. 

Die Mahnung zum Frieden und der Wunsch nach weltweitem Frieden sollte es uns wert sein, an einem Gedenk- und Friedenstag einmal im Jahr mitzuwirken und auf aktuelle Situationen hinzuweisen. Eine bewusst zeitgemäße Gestaltung unter Einbeziehung junger Menschen ist erstrebenswert. Ein offener Arbeitskreis, der den Gedenk- und Friedenstag neu gestaltet, plant und koordiniert, wäre Wunsch und Ziel.

Die Aufgabe eines Gedenk- und Friedenstages muss es sein, Menschen in einer zunehmend unübersichtlichen und als bedrohlich empfundenen Welt Orientierung und Solidarität zu geben sowie Mut für die Zukunft. Für mich war es nie eine Pflichtveranstaltung, sondern mehr ein inneres Bedürfnis, auf die aktuelle Kriegssituation weltweit hinzuweisen und Frieden - auch vor unserer Haustüre - einzufordern und für ein friedliches Miteinander zu Hause und in der Welt zu werben.

Der am Rande des Dorfplatzes installierte Friedenspfahl ist auch eine Art der Kulturveränderung angesichts der bisher nur vorhandenen Kriegerdenkmäler. Dass wir in Möggingen keinen Musikverein haben ist unerheblich, man kann auch mit einem kleinen Chor, einem kleinen Orchester oder anderen Musikgruppen oder mit Musik und Video aus der "Dose" eine musikalische Begleitung gestalten.

Vielleicht erreichen wir durch einen frühzeitigen breiten Aufruf auch wieder Menschen hier in Möggingen, die bereit sind, sich für die Sache des Friedens an einem Tag im Jahr zu engagieren.
 
Ralf Mayer


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