Im Fokus: Adlerfasnet
Fakten
In den Räumen der ehemaligen Gaststätte „Mögginger Adler“ gibt es 2025 wieder drei Vorstellungen: am Freitag, 14.02., am Samstag, 15.02. und am Freitag, 28.02. Das Format der Kneipenfasnacht mit einem abendfüllenden Programm wurde 2008 ins Leben gerufen. In jenem Jahr gab es keinen Bunten Abend des Narrenvereins und im Januar wollte man mit der Umstellung der Bewirtung des Rathausstübles beginnen: In 2008 sollten sich die Vereine monatsweise abwechseln und der TC Möggingen sollte beginnen. Also entstand die Idee, die Lücke des fehlenden Bunten Abends zu füllen und gleichzeitig Werbung fürs „Stüble“ zu machen - so organisierte der Tennisclub die erste Stüblefasnet.
2014 wiederholte man das Experiment, als es wieder keinen Bunten Abend gab. Mit dem Umzug in den Adler 2016 gab man das Prinzip auf, diese Veranstaltungen nur in den Jahren ohne Bunten Abend durchzuführen, wobei immer darauf geachtet wurde, terminlich dem Narrenverein nicht in die Quere zu kommen. So gab es Adlerfasneten 2016, 2018, 2019 und auch 2020, als es die Gaststätte gar nicht mehr gab. Das wurde möglich, weil die Eigentümer Bettina Frauz und Matthias Sättele ihr Wohnzimmer kurzerhand in eine Kneipe zurückverwandelten, was nicht so schwerfiel, weil der Zapfhahn immer noch in Betrieb war. Nach der Coronapause und einem Experiment mit Kasperle und der Band „Frog it“ in 2023 kehrt man dieses Jahr wieder zur klassischen Adlerfasnet zurück, wie immer organisiert vom Tennisclub, in dessen Jugendarbeit auch der Erlös fließt.
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Klassische Bestandteile des Programms sind das weltweit einmalige Stellen eines „Indoor-Narrenbaums, der Besuch von Gästen aus dem In- und Ausland, die sich in das kleine Dorf am Mindelsee verlaufen haben und ein Damenballet, das vor allem die Männerwelt zu bezaubern weiß – sei es als Russinnen, Prinzessinnen oder gar als Bondgirls. Außerdem gehen immer gewichtige Persönlichkeiten aus der Mögginger Politik- und Vereinsszene in die Bütt, eine Narrenmusik heizt ein und natürlich wird zu Beginn erst mal gemeinsam gegessen und getrunken.
Stimmen aus der Adlerfasnet vergangener Jahre
„Wer als Seggel geboren ist, kann nicht als Nachtigall sterben!“
„Schon lange fühlen sich die Mögginger ihrem schwäbisch-alemannischen Umland kulturell überlegen. Sie befürworten eine harte Grenze zu Liggeringen, Güttingen und Radolfzell. Damit verbunden ist der Austritt aus der EU. Das ist der Möxit.“
„Mandy Lindemann aus Bautzen: Das war ein Vortrag auf Weltniveau. Gratulation zu dieser Spitzenleistung. Komm zurück nach Sachsen und wir werden Dich mit offenen Blusen empfangen!“
„I muss jetzt sofort hier raus, i bin scho ganz boahämmig.“
„Unsere nächste Nummer heißt: debei drin, dohane do, nochher au, worsch, oder it. Ich übergebe an unseren promovierten Experten für sprachliche Sinnlosigkeiten, Dr. Schwadrone!“
„In Mögginge wohned jo eigentlich mehr Leut‘ als die, die mer immer sieht. Aber wahrscheinlich wäret die au it prickelnder als die, die mer immer sieht. S’muss jo en Grund gebe, warum die sich nie raustraued.“
„I gang jetzat nom zu meim Sättele ond lass die dohana alloi romgruschtle. Wirsch scho sea, dass ohne mi sowieso älls dr Bach na goht.“
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Meinung
Wir leben in Zeiten von allgegenwärtigen sozialen Medien, wo alles, was irgendwie witzig erscheint, sofort millionenfach geteilt wird. Wir sehen einen wachsenden Einfluss von Künstlicher Intelligenz, die es schafft, Sketche für ein Bühnenprogramm im Minutentakt zu liefern. Wir erleben schwindendes Wissen von lokalen Ereignissen und einen abnehmenden Gebrauch von Dialekt, sodass ihn viele Jüngere weder sprechen noch verstehen können. Wir spüren in unserer Region einen wachsenden Zuzug von „Fremden“ – seien es Menschen aus anderen Teilen Deutschlands oder gar der Welt – die kein Gefühl für lokale Bräuche haben oder sie sogar ablehnen.
Deutschland ist ein wohlhabendes Land mit großzügigen Alterszeitregelungen, also sind viele im Winter gar nicht mehr da, weil es ihnen zu kalt ist. Es gibt Trends zur Optimierung der eigenen Gesundheit, also trinken viele kaum noch Alkohol und essen keine fetten Speisen, was beides zur Fasnacht bekanntermaßen dazugehört. Den organisierten Narren wird es durch die Regelungswut von Gesetzgeber und Behörden, aber auch dem Vollkasko-Sicherheitsbedürfnis weiter Teile der Bevölkerung, zunehmend erschwert, klassische Fasnachtsveranstaltungen wie Umzüge, Bälle und Bühnenfasnacht zu organisieren. Das alles macht es immer schwieriger, lokale Traditionen wie die alemannische Fasnet lebendig zu halten. Und trotzdem gibt es in Süddeutschland in einem kleinen Dorf am Mindelsee eine „location“ wo man sich allen Widrigkeiten entgegenstemmt: die Adlerfasnet! Und dafür sei ihr gedankt!
Jürgen Karrer
Nächstes Thema:
Fasnacht in Möggingen 2025 – Teil 2: Seenarrentreffen und Bundestagswahl – geht das?
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