Im Fokus: Vereinssport in Möggingen
Fakten
In Möggingen wird Sport in drei Vereinen betrieben, die unterschiedlich stark mit dem Dorf verbunden und sportlich unterschiedlich ausgerichtet sind, aber auch vom Land und der Kommune unterschiedlich gefördert werden:
Der
Turnverein
ist der Mögginger Traditionsverein, eine Herzensangelegenheit für viele Familien, die ihren Ursprung im Dorf haben und auch das Vereinsleben prägen. Es gibt aber auch Mitglieder aus Güttingen und Radolfzell, was zu einem Teil auf das direkt neben der Mindelseehalle liegende Kinderhaus zurückzuführen ist. Im Turnverein wird in verschiedenen Gruppen in erster Linie Freizeitsport betrieben, der von Karate über Volleyball bis zu Gymnastikgruppen für unterschiedliche Altersklassen reicht, insgesamt sind es 10 Gruppen für Erwachsene. Die Gruppen werden von ehrenamtlich tätigen Übungsleitern geleitet. Sportstätten (Mindelseehalle und Sportplatzgelände) sind im Eigentum der Stadt, wurden von ihr erstellt und werden von ihr instandgehalten. Für die Nutzung der Halle muss der Verein Gebühren entrichten, die des Sportgeländes ist kostenlos.
Der zweite Sportverein in Möggingen ist der
Tennisclub, mit seinen fast 50 Jahren nur halb so alt wie der Turnverein und mit einer anderen Mitgliederstruktur. Da es in Güttingen keinen Tennisclub gibt, gab es immer einen hohen Anteil an Güttingern und die Liggeringer schickten ihre Kinder und Jugendlichen traditionell ins Jugendtraining nach Möggingen (und seit in jüngster Zeit die Anlage in Liggeringen mehr oder weniger brachliegt, spielen auch ältere Tennisspieler vermehrt in Möggingen.) Auch Radolfzeller waren immer ein fester Bestandteil des Clubs. Entgegen dem allgemeinen Trend konnte der Club die Mitgliederzahl in den letzten 5 Jahren fast verdoppeln (von 128 auf 233) und das Durchschnittsalter erheblich senken (von 51 auf 37 Jahre). Sportlich liegt der Fokus auf den Mannschaftsspielen in unterschiedlichen Ligen und Altersklassen. Hierauf ist auch das Training ausgelegt , das weitgehend von professionellen Trainern, die entsprechend bezahlt werden müssen, geleitet wird. Vereinsheim und Plätze gehören dem Club, wurden vom Verein zu einem wesentlichen Teil selbst bezahlt und werden in Eigenverantwortung instandgehalten. Für das Gelände wird eine Pachtgebühr an die Stadt Radolfzell entrichtet.
Es gibt zwar keinen dritten Sportverein in Möggingen, aber trotzdem darf in dieser Aufzählung die
Fußballabteilung der SG Güttingen/Liggeringen
nicht fehlen. Da in Möggingen nicht vereinsmäßig Fußball gespielt wird, ist der Verein traditionell Heimstatt für die Fußballer des Dorfes. Dies zeigt sich auch in aktuellen Zahlen: Bei der 1. und 2. aktiven Mannschaft spielen in der Saison 25/26 15 Mögginger, bei den Jugendlichen sind es momentan ebenfalls 15. Dazu kommt, dass der Leiter der Fußballabteilung mit Frank Baumgärtner ein Mögginger ist. Noch mehr als ein Tennisclub ist ein Fußballverein auf den Wettkampfsport ausgerichtet und entsprechend hoch ist der Aufwand, der selbst in einer unteren Klasse wie der Kreisliga A betrieben wird. So trainieren die Spieler der ersten Mannschaft in der Vorbereitung viermal wöchentlich über sieben Wochen und während der Saison zweimal. Dazu kommen die Spieltage mit 26 Spielen pro Saison. Trainer müssen angemessen bezahlt werden, Spielergehälter sind in dieser Klasse mit wenigen Ausnahmen noch nicht üblich. Ähnlich wie bei den Turnvereinen werden die Sportstätten von der Stadt und nicht vom Verein finanziert. Die Pflege des Clubheims und des Sportgeländes ist Sache des Vereins.
In allen drei Vereinen spielt die Jugendarbeit eine wichtige Rolle. Der Tennisclub erlebt da in den letzten Jahren einen wahren Ansturm (auch aus der Kernstadt und anderen Ortsteilen) und hat inzwischen 88 Kinder und Jugendliche, die regelmäßig trainieren und in 8 Jugendmannschaften spielen. Für das Training müssen die Familien einen eigenen finanziellen Beitrag leisten, was insbesondere für das relativ kostspielige Wintertraining in der Tennishalle auf der Mettnau gilt. Bei der SG Güttingen/Liggeringen gibt es drei eigenständige Jugendmannschaften (U11, U9 und U7) und 5 Spielgemeinschafen mit dem SV Markelfingen. Bei den jüngsten Mannschaften spielt seit einiger Zeit der Leistungsgedanke eine geringere Rolle, um das spielerische Element zu fördern, mehr Kinder zum Spielen zu bringen und das starre Wettbewerbsdenken unter Betreuern und Eltern zu durchbrechen. Man erreicht dies beispielsweise durch neue Spielformen und dadurch, dass die Ergebnisse nicht mehr aufgeschrieben werden und auf Tabellen verzichtet wird. Im Fußball und im Tennis spielen bei den jüngeren Mannschaften Jungen und Mädchen zusammen. Im Turnverein gibt es fünf Jugendgruppen zwischen 4 ½ und 14 Jahren, wobei sowohl Wert auf turnerische Grundlagen gelegt als auch die körperliche Bewegungsfähigkeit allgemein gefördert wird. Abgesehen von der Teilnahme am Landeskinderturnfest wird auf Wettkampfsport verzichtet. Kinder und Jugendliche, die daran interessiert sind, gehen nach Güttingen (Turnen) oder zum TV Radolfzell (Leichtathletik, Volleyball). In letzter Zeit gibt es zunehmend Probleme, ehrenamtlich tätige Betreuer zu finden. Eine Lösung wäre, mehr professionelle Trainer und Trainerinnen einzustellen, was aber möglicherweise ein höheres finanzielles Engagement der Eltern zur Voraussetzung hätte.
Stimmen aus dem Volk
„Den hätte ich früher reingemacht.“
„Die Mitgliedsbeiträge im TC sind viel zu hoch.“
„Das ist doch kein Turnen mehr, was die da machen.“
„Der hat mein Kind wieder nicht aufgestellt.“
„Leistungssport macht Kinder krank.“
„Die Eltern vom Gegner sind richtig fanatisch.“
Meinung
Wenn man die drei Vereine vergleicht, ist Folgendes festzuhalten: Für alle gilt, dass Vereinsführung und Betreuer ein hohes Engagement in ihrer Freizeit mitbringen müssen, um die Vereine am Leben zu erhalten. Finanziell werden alle vom Staat bzw. der Stadt unterstützt, wenn auch in unterschiedlichem Ausmaß: Fußball- und Turnverein mehr, Tennisclub weniger. Beim Turnverein spielt das Leistungsdenken nur eine geringe Rolle, beim Tennis und Fußball, die auf Wettkampfsport ausgerichtet sind, eine hohe. Beim Aufwand, den die Sportler betreiben, liegen die Fußballer eindeutig vorne.
Die Unterschiede zwischen den Clubs haben auch einen historischen Hintergrund: Turnen und Leichtathletik sind inzwischen Randsportarten, Fußball ist der beherrschende Sport in Deutschland und Tennis liegt irgendwo dazwischen. Medial kommen viele Sportarten - außer bei Olympia - kaum mehr vor, auch nicht im öffentlich-rechtlichen Fernsehen, die im Konkurrenzkampf mit den Privat- und Bezahlsendern aus früheren Sportsendungen reine Fußballsendungen gemacht haben. Dies scheint aber Millionen von Fernsehzuschauern zu gefallen, die sich nicht stören an stundenlangen Fußballübertragungen, in denen sie auch mit den immer gleichen Sprechblasen und Expertenmeinungen gefüttert werden. Dabei verkörpert gerade der Fußball-TV-Zuschauer einen Widerspruch in sich: Einerseits beklagen die meisten die zunehmende Kommerzialisierung, andererseits befeuern sie diese Kommerzialisierung durch ihr Konsumverhalten, das mit höheren Einschaltquoten höhere Einnahmen durch Werbung und TV-Rechte mit sich bringt. Was dann natürlich auch höhere Spielergehälter ermöglicht. Und da eine große Mehrheit Fußball nur noch aus Medien kennt, die jüngeren meist nur noch aus Schnipseln, da ihnen 90 Minuten am Stück viel zu lang sind, viele Stadionbesucher wiederum nur Profifußball kennen, nimmt in allen Altersklassen das Wissen, welche Fähigkeiten und Trainingsaufwand es braucht, ein guter oder gar sehr guter Fußballer zu werden, extrem ab. Mein Tipp: Besucht doch mal vielleicht sogar mit euren Kindern oder Enkeln ein Amateurspiel in Eurer Region und vergesst nie, falls ihr selbst mal Fußball gespielt habt, in welche Klasse ihr es geschafft habt, bevor ihr eure abfälligen Bemerkungen über das geringe Niveau macht.
Was den Leistungsgedanken angeht, sind auch hier Widersprüche zu entdecken: Einerseits beklagt man zu wenig deutsche Erfolge im internationalen Sport, andererseits will man den eigenen Kindern möglichst den Kummer von Niederlagen und die Mühsal harten Trainings ersparen. Zum Glück gibt es noch viele sportlich begabte Kinder und Jugendliche, die genügend Motivation aus sich heraus aufbringen, sportliche Erfolge anzustreben, auch wenn das manchmal mit Schmerzen verbunden ist. Aber natürlich müssen Eltern, Schulen und Vereine auch den weniger Begabten und nicht so Bewegungshungrigen Angebote machen, die auch ihnen Spaß am Sport ermöglichen. Und sie sollten vielleicht auch die Einsicht vermitteln helfen, die nicht nur für den Sport gilt, der das aber oft auf brutale Art und Weise deutlich macht: Es gibt fast immer jemanden, der besser ist! Die Kunst ist es, das zu akzeptieren.
Jürgen Karrer
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