Im Fokus: Solarpark Tenn

Fakten

Der Mögginger Ortschaftsrat hat letztendlich im Jahr 2023 einer Flächennutzungsänderung betreffend des vorhabenbezogenen Bebauungsplans „Solarpark Tenn“ mehrheitlich zugestimmt. Er stellte sich damit nicht mehr - wie in seiner Sitzung im September 2022 - gegen den Radolfzeller Gemeinderat und die Stadtverwaltung, die das Projekt der Stadtwerke eindeutig unterstützten. 


Radolfzell hat sich als klimapolitisches Ziel vorgegeben, bis 2035 – also schneller als Baden-Württemberg, Deutschland oder Europa – die Stromerzeugung zu 100 % auf erneuerbare Energien umzustellen. Im Moment trifft das auf ca. ein Drittel der in Radolfzell benötigten elektrischen Energie zu, d. h. es muss noch einiges an Erzeugungsanlagenkapazität dazukommen. Dabei reicht es nicht aus, alle Dachflächen und versiegelte Flächen wie Parkplätze mit PV-Anlagen zu belegen: Es würde immer noch rund ein Viertel an Erzeugungskapazität fehlen und einen viel zu langen Zeitraum beanspruchen. 


Aus Sicht der Stadtwerke Radolfzell sind die hochgesteckten Ziele nur durch die Errichtung von PV-Freiflächenanlagen realisierbar. Die Fläche in Möggingen wurde ausgewählt, weil sie eine für die Wirtschaftlichkeit notwendige Größe hat, naturschutzrechtliche Kriterien erfüllt, ein naher Netzanschlusspunkt gegeben ist und vor allem, weil sie sofort verfügbar war (sie wurde vom Eigentümer angeboten). 


Bei der Entscheidung wurde in Kauf genommen, dass landwirtschaftliche Belange zu kurz kommen. Und zwar nicht nur der direkt betroffene jetzige Pächter, sondern der Verlust landwirtschaftlicher Fläche insgesamt bedeutet intensivere Nutzung von Böden, u. U. weitere Anfahrtswege vom Hof zu alternativen Flächen und damit verbundene höhere Energiekosten. 


So wird nun Mitte September auf der Gemarkung „Im Tenn“ auf 2,6 ha eine PV-Freiflächenanlage mit 5.124 Modulen in Betrieb genommen. Erwartet wird dabei eine jährliche CO2-Ersparnis von ca. 2.000 Tonnen und eine Leistung, mit der ungefähr 1.700 Haushalte regional mit Strom versorgt werden können. Bürgerinnen und Bürger aus dem Landkreis Konstanz können sich finanziell an der Investition mit Beträgen zwischen 500 € und 20.000 € beteiligen, bei einer Laufzeit von 10 Jahren und einem Zinssatz von 3% bzw. 3,5% für Kunden der Stadtwerke.



 

 

Stimmen aus dem Volk

 


Meinung

Wenn man sich so umhört im Dorf, hört man selten ein gutes Wort über den Solarpark und die oben zitierten Stimmen scheinen durchaus repräsentativ. Zugegeben, Solarenergie hat wie jede Form der Energiegewinnung auch Nachteile: technologisch noch keine effizienten Speichermöglichkeiten, wetter- und saisonabhängige Erzeugung, weitgehend ungeklärte Entsorgung der Solarpanele, bei Freiflächenanlagen oft „Umnutzung“ von wertvollem Ackerland. 


Aber genau so selten hört man dann konkrete plausible Vorschläge, wie man denn dem Klimawandel begegnen soll. Gar nicht nötig, sagen manche (AfD) alle seriösen wissenschaftliche Erkenntnisse ignorierend, er sei nicht menschengemacht. Es gibt viel schlimmere Klimasünder als wir, sagen andere, und vergessen dabei, dass wir bei unserem jährlichen Pro-Kopf Ausstoß von 9,2 Tonnen CO2 zwar hinter Saudi-Arabien und den USA liegen, aber vor China und Frankreich und ganz weit vor Indien. 


"Waffenlieferungen an die Ukraine stoppen, mit Putin verhandeln und wieder billiges russisches Gas beziehen, dann haben wir viel mehr Zeit für den Übergang." Auch diese Argumentation ist im Angebot (BSW). Aber wollen wir uns wirklich wieder abhängig machen von einem Kriegstreiber und nebenbei noch die Ukraine aufgeben? Rückkehr zur Kernkraft? Und was machen wir mit dem Atommüll? Dieses Land hat es immer noch nicht geschafft, einen Ort für ein sicheres Endlager zu finden, und außerdem war einmal eine große Mehrheit mit Kanzlerin Merkel für einen baldigen Ausstieg. 


Und wie wäre es, wenn wir bei Diesel und Benzin bleiben und nicht den Weg zur Elektromobilität gehen? Das wünschen sich viele, für die ein Verbrenner mehr als ein Antrieb ist, eher wie ein Spielkamerad, mit dem man zusammen aufgewachsen ist und den man ungern aufgibt. Aber alle Chefs der Autoindustrie sind der Ansicht, dass es mittelfristig keine Alternative zum Elektroauto gibt, wenn man klimaneutral unterwegs sein will. Wollen wir doch, oder?


Jürgen Karrer

 


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