Im Fokus: Leerstand Schirmer-Haus

Fakten

Das verwahrloste Anwesen in der St.-Gallus-Str. 8 ist in Möggingen auch als das „Schirmer-Haus“ bekannt. In ihm war früher auch ein Laden untergebracht, der von den Eigentümern, einem Ehepaar Schirmer, bis in die frühen 70er Jahre geführt wurde. Nach Schließung des Ladens lebte dort Frau Maria Agatha Schirmer bis zu Ihrem Tode im Jahr 1995.
Zwischen 2001 und 2014 war das Haus vermietet an eine Mögginger Familie, doch seit deren Auszug steht das Haus leer. Der verbliebene Erbe zeigte trotz einiger Kaufangebote und mehrerer Nachfragen der Mögginger Ortsverwaltung kein Interesse an einem Verkauf oder einer Vermietung. Er untersagte der Ortsverwaltung, diesbezüglich vermittelnd tätig zu werden.
Der Radolfzeller Gemeinderat hat am 07.05.2024 zum Schutz des Radolfzeller Wohnraums eine „Zweckentfremdungssatzung“ beschlossen, die am 15.05.2024 rechtskräftig wurde und ab diesem Tage vollziehbar ist. Darin heißt es z. B. in § 4: „Eine Zweckentfremdung liegt insbesondere vor, wenn der Wohnraum (1) … 4. länger als 6 Monate leer steht.“ Leerstand muss auf Antrag genehmigt werden. Es ist nicht zu erkennen, warum eine solche Genehmigung erteilt werden sollte aufgrund von „schutzwürdigen privaten Interessen“. Es gab während der letzten 10 Jahre keine Bemühungen des Eigentümers das Haus zu vermieten oder zu renovieren. „§ 5 (2) … Eine Genehmigung kann erteilt werden, wenn dem Interesse an der Erhaltung des Wohnraums durch Ausgleichsmaßnahmen, in verlässlicher und angemessener Weise Rechnung getragen wird. Dies kann insbesondere durch Bereitstellung von Ersatzwohnraum oder durch Entrichtung einer Ausgleichszahlung gemäß § 8 dieser Satzung geschehen.“ Wer ohne eine Genehmigung Wohnraum zweckentfremdet, begeht eine Ordnungswidrigkeit und kann mit Geldbußen bis zu 100.000 € geahndet werden.
Das Schirmer-Haus wird am 15.11.2024 sechs Monate nach Inkrafttreten der Satzung leer stehen, über 10 Jahre nach Auszug der letzten Mieter.
Durch die unmittelbare Nachbarschaft zum sich im Bau befindlichen neuen Schmuckstück von Möggingen, dem Dorfgemeinschaftshaus, trägt das zerfallende und ungenutzte Haus noch mehr zu einer Beeinträchtigung des Dorfbildes bei als bisher.

Stimmen aus dem Volk

„Schandfleck“
„Mit seinem Eigentum kann man machen, was man will!“
„Ein so langer Leerstand bei so vielen jungen Familien, die eine Wohnung suchen, ist ein Skandal!“
„Leerstand ist asozial.“

Meinung

In unserem Land ist das Privateigentum mit gutem Recht geschützt. Es gibt aber auch einen Artikel in unserer Verfassung, der besagt, dass Eigentum verpflichtet. Ich denke, dass der Eigentümer in diesem Fall dieser Verpflichtung in keiner Weise nachgekommen ist. Es liegt auf der Hand, dass es im Interesse des Gemeinwohls wäre, wenn das Haus wieder bewohnbar gemacht (oder gegebenenfalls das Grundstück neu bebaut) und vermietet oder verkauft würde. Meiner Meinung nach hat der Gemeinderat mit dem der Zweckentfremdungssatzung ein Instrument geschaffen, mit dem man Eigentümer in so einem Fall unter Druck setzen kann, auch wenn man wohl eher die Verhinderung der Umnutzung von Wohnraum in Ferienwohnungen im Auge hatte. Der Mögginger Ortschaftsrat und die Ortsverwaltung sollten in dieser Sache tätig werden und die Stadtverwaltung auffordern, das Instrument anzuwenden. Fehlende personelle Ressourcen in der Verwaltung sind dabei nur bedingt als Entschuldigung zu akzeptieren, weil die Methode, durch Ankündigungen (in diesem Fall die Verabschiedung der Satzung) Erwartungen zu wecken, diese aber dann durch eine fehlende Umsetzung zu enttäuschen, das Vertrauen in Politik und Verwaltung weiter mindert.

Im Übrigen ist das Schirmer-Haus nicht der einzige ärgerliche Leerstand in Möggingen, aber es der skandalöseste und augenfälligste und seine Beendigung wäre ein guter Anfang.

Jürgen Karrer

Nächstes Thema: offen
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